Teil 7 – Einkaufsfahrt nach Ondjiva mit Zwischenstop in Cahama
Schon ein paar Tage ist unser Haus stark frequentiert. Es hat sich rumgesprochen, dass wir nach Ondjiva, der kleinen Provinzhauptstadt von Kunene, fahren. Eine Einkaufsfahrt für unser Projekt. „uma Boleja“ ist angesagt. Eine Boleja ist so wie per Anhalter mitfahren. Eine Chance, aus Oncocua zu kommen, um Geschäfte zu erledigen oder die Verwandschaft zu besuchen. Ondjiva ist mit 150 Km gerade mal um die Ecke, dachte ich jedenfalls bis dahin. Das aus dieser kleinen Einkaufsfahrt eine ganze Woche wird, und die ersten 80 Km eine Tagesfahrt bis Cahama werden, ahnte ich noch nicht.
Unser SAMO von DAF steht pünktlich um 7:00 Uhr vor unserer Tür. Dieser Lkw ist für größere Nutzlasten geeignet, und das war es auch schon. Ein Monstrum von Lkw, ungelenkig und selbst Zille hätte gesagt, „man kann einen Menschen mit einer Axt erschlagen oder mit solch einem Lkw“. Ein W50 fährt und fährt und das noch heute in Angola, mehr als nur zuverlässig. Den SAMO können nur wenige gut ausgebildete Kraftfaher lenken. Eine Strafe, die diese Entwickler von DAF der Menschheit zumuten, ein einziges Chaos an Reperaturen. Aber es geht noch schlimmer, wir müssen für unsere Dauerbaustelle von Mercedes, einen Unimoc, wieder einmal Ersatzteile besorgen. Dieses komische Gefährt geht ja in Afrika nun gar nicht. Aber man bekommt immer noch Ersatzteile, denn die Schrottplätze sind noch gut gefüllt mit diesen schrottigen Unimocs. Sehen ja nett aus, sind aber eher für die kleine Partyfahrt auf deutschen Autobahnen geeignet.
Es ist fast 9:00 Uhr und die Ladefläche ist schon voll mit Leuten aus unserem Ort. Neben mir bekomme ich eine Ziege zur Gesellschaft, die in Cahama verkauft werden soll. Meine erste Fahrt durch das Buschland beginnt, die ich bis heute nicht vergessen werde. Ich bekomme immer noch etwas trockene Haut an einer Stelle auf der Stirn, bin mir aber nicht sicher, war es die Sonne oder die Ziege, die mich ein paar mal abgeleckt hat. Auf jeden Fall ist es auf der Ladefläche wie eine Fahrt durch einen Backofen. Nach fast 7 Stunden und 80 Kilometern haben wir dann endlich Cahama erreicht. Eine Fahrt durch Buschland ohne irgendeine Straße. Natur pur. Andere zahlen für solch eine Abenteuerfahrt eine Masse Geld, hier ist das Alltag. Cahama ist ein etwas größerer Ort, der schon etwas mehr Zivilisation zeigt. Nach links geht es nach Lubango, die schönste Stadt der Welt, und nach rechts nach Ondjiva, der Provinzhauptstadt in Richtung Namibia. In Cahama machen wir halt. Die ersten Mitreisenden verlassen uns hier, auch leider meine Ziege. Schade, habe mich an diese Ziege schon so sehr gewöhnt. Wir werden als Entwicklungshelfer im Gästehaus vom Gouverno untergebracht. Im Gästehaus angekommen, versuche ich mit ein paar Nägeln mein Moskitonetz zu fixieren, als Hammer dient ein Stein. Meine kleine Krankenschwester aUli schleift eine Matratze auf die Terrasse. Ich bin etwas verwundert. Ulrike möchte lieber draußen schlafen, ich ahne noch nicht, dass ich mit meinem Moskitonetz ein Haus für selbige Kollegen gebaut habe und eine scheiß Nacht bekommen werde. aUli war am nächsten Morgen das strahlende Leben. Mann... lernt dazu.. Durch Cahama fließt der Fluss Kunene, nach dem die gesamte Provinz benannt ist. Hier trifft man schon ein paar Mücken mehr an als in unserem trockenen Ort in den Bergen auf ca. 1000 Metern über dem Meeresspiegel, in Oncocua. Der Kunene ist schon ein gewaltiger Fluss, der dieses Land durchfließt. Er wird später einmal ein Ort der Entspannung für mich, ein Ort, an dem ich mich zurückziehen kann und in mich gehe. Aber das ist eine andere Geschichte.
Es gibt natürlich wie immer mit unserem Monster-Lkw ein paar technische Probleme, und Joan und Eju haben bis in die Nacht hinein eine Dichtung gewechselt und den Dieselfilter noch einmal zu neuem Leben erweckt.
Die nächsten 70 Kilometer nach Ondjiva haben wir nun vor uns. Jetzt haben wir aber endlich eine Straße. Leider hat die letzte Regenzeit es nicht so gut mit dieser Straße gemeint. Eine Fahrt, die durch Schlaglöcher gekennzeichnet ist (Schlagkrater wäre angebrachter zu sagen) und das mit diesem Monstrum von Lkw. Etwas Sorge macht uns eine Patientin aus Oncocua bei dieser Fahrt. Sie ist von einem Baum gefallen, das kann ja schon mal vorkommen, und da wir keine Möglichkeit haben, in Oncocua zu behandeln, ist das Krankenhaus in Ondjiva unsere große Hoffnung. Und dann diese Fahrt im Monster-Lkw mit einer gebrochenen Hüfte. Natürlich sind auch zwei Familienmitglieder mitgefahren, die die Frau im Krankenhaus versorgen werden. Spontan haben Ulrike und ich unser eigenes Geld zusammengelegt und der Familie gegeben, damit sie dort die Tochter verpflegen kann. Sie sind Traditionelle und haben keinerlei finanzielle Möglichkeiten, bis auf ein paar Ziegen als Kapitalanlage. Die gute Nachricht ist aber, wir haben sie einen Monat später wieder abgeholt, wenn auch mit einer Krücke, aber auf dem Weg der Genesung...