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Namibe und die DDR-Pfandflaschen
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07.06.14 15:50
Ronald 

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07.06.14 15:50
Ronald 

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Namibe und die DDR-Pfandflaschen

Wir waren zu zweit. Peter und ich. Wir sollten in Namibe den „Robur“-Fahrzeugen, die dort gelandet waren eine Garantiedurchsicht geben. Gewohnt haben wir im Hotel Kalahari im 6. Stock. Kein Strom, kein Wasser. Wir hatten uns bei Comercio Interno angemeldet. Dort hatte man uns mit dem Werkstattleiter bekannt gemacht und uns 6 Flaschen Rotwein gegeben. Das war's dann. Danach kam nie wieder was.
In der dortigen Werkstatt von Comercio Interno haben wir beide die Robur durchgesehen. Ölwechsel, Filterwechsel usw..
Im Hotel gab es nichts zu essen. Comercio Interno hat uns auch nichts gegeben. In der ganzen Stadt gab es nichts zu essen! Zu trinken schon gar nicht!
Nach ein paar Tagen war klar, hier gibt uns keiner was.
Peter wollte unbedingt angeln. Der Hunger war groß. Wir hatten aber weder Rute, noch Sehne noch Haken. Wir sind mit einem Robur von Comercio Interno in die Stadt gefahren. An der Hafenstraße war das Fischministerium. Peter sagte, er würde jetzt da rein gehen und nach Angelhaken fragen. Ich hab ihm nur den Vogel gezeigt und gesagt: „Geh Du mal alleine ins Fischministerium und frag' nach Angelhaken. Ich warte hier draußen.“ Und Peter geht wirklich dort rein.
Ich stehe also an der Hafenstraße und warte auf Peter. Wer Namibe kennt , weiß das der Hafen dort an einem kleinen felsigen Kap südwärts gelegen ist. Und während ich dort warte, kommt ein Schiff um dieses Kap gefahren. Die Schornsteinfarben „Blau-Rot-Blau“, die „Deutsche Seerederei“!
Ein DDR-Schiff, die „Deutsche Seerederei“!
Ich laufe ins Fischministerium, um Peter zu suchen. Wir müssen sofort in den Hafen. Peter kommt mir entgegen und winkt mit Angelhaken. Scheißegal jetzt! Wir müssen in den Hafen.
An der Hafenwache lügen wir das „Blaue vom Himmel“. Wir wären doch Internationalisten und das Schiff aus der DDR, das gerade anlegt, würde auf uns warten. Man läßt uns rein. Das Schiff macht gerade fest. Der Kapitän, mit seinen vier Kolbenringen am Ärmel steht unten uns begutachtet das Festmachen. Wir gehen zum Käpt'n und stellen uns vor. Peter und Ronald sind aus der DDR und haben Hunger. Der Käpt'n läßt sich unsere Personalausweise zeigen und schreit dann zum Schiff hoch: „Bringt mal den Polit längsseits!“
Wir gehen das Fallreep hoch zum Schiff. Dort steht der Politoffizier und sagt: „Dann werd' ich Euch mal das Schiff zeigen.“ Das Schiff ist uns scheißegal, wir schildern unsere Lage und bitten um Essen.
Der Smut wird gerufen. Es ist noch genügend Schweinshaxe mit brauner Soße und Kartoffeln da. Es war das beste Essen in meinem ganzen Leben! Dann kommt der Polit und hat eine Limonade in der Hand und ein Hafenbräu. Er fragt: „Wer fährt von Euch?“. Peter sagt: „Hier fährt heute keiner mehr von uns beiden, bring Bier soviel Du kannst.“ (Natürlich sind wir hinterher Auto gefahren.)
Abends waren Peter und ich wieder auf dem Schiff. Wir wollten Hafenbräu kaufen. Möglichst in großen Menegn. Wir hatten DDR-Schecks dabei. Der Smut sagt, er könne uns kein Bier verkaufen, weil wir keine Pfandflaschen hätten. Die blanke DDR-Scheiße in Afrika! Da kann man doch nur die Augen verdrehen und Kotzi, kotzi sagen!
Peter hat sich dann erinnert, daß es vor Jahren in Namibe einen DDR-Lotsen gegeben hätte. Er wußte auch noch das Haus. Dort sind wir hingefahren und haben auf der Etage an allen Türen keklingelt. Wir haben Lügengeschichten erzählt, daß jetzt bald ein neuer Lotse kommen würde und wir müßten uns vorher die Wohnung anschauen. Ein Nachbar hatte den Schlüssel! Unter dem Bett haben Peter und ich dann vier leere Kisten Hafenbräu gefunden! Was für eine Erfolg!
Wir sind sofort zum Hafen damit und haben vier volle Kisten Bier gekauft. Wir hatten jetzt Pfandflaschen! Wir haben noch schön gegessen und uns einen angesoffen. Es waren 40°C in der Stadt und unser Hotel hatte keinen Strom. Also sind wir mit dem Bier zum Internationalen Roten Kreuz gefahren, um es dort kühl zu stellen. Dort haben wir keine Schweizer angetroffen. Die waren arbeiten. Also haben wir das Bier deren Empregadas zu Kühlstellen über geben und denen gesagt, wir würden dann am Abend vorbeikommen.
Und dann das Unglück! Als wir am Abend vorbeikamen, hatten die Scheizer das Bier gesoffen und die Pfandflaschen weggeschmissen.

Zuletzt bearbeitet am 07.06.14 15:56

08.06.14 11:46
Franke 

Administrator

08.06.14 11:46
Franke 

Administrator

Re: Namibe und die DDR-Pfandflaschen

Hallo Ronald,

eine wirklich gute Geschichte.
Ich habe fast das Gleiche in Maputo ein paar Jahre später erlebt. Dort waren es unsere Garnelenfischer.
Vom Essen bis zum Bier ist Deine Gesschichte wie ein kleines Deja vu für mich. (auch die Rückfahrt )
Nur mit den Pfandflaschen hatten wir mehr Glück

2005 war ich in Lubango einkaufen, bin aber nur ein kleines Stück die Serpentinen Richtung Namibe gefahren.
Kommt demnächst mit vielen Bildern in "Mein Angolatagebuch - 2005"

Ich wünsche Dir ein schönes, sonniges und warmes Pfingstwochenende.

Vielen Dank
Gruß Frank

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